Louis Ferron:
DER SCHÄDELBOHRER VON FICHTENWALD
– ODER – DIE METAMORPHOSEN EINES BUCKLIGEN.
Roman

Aus dem Niederländischen von Ulrich Faure,
mit einem Nachwort von Jan Konst

14×21,5 cm, gebunden, 
mit Kopffarbschnitt, Prägung und Lesebändchen
448 Seiten

28,— € (D), 28,80 € (A)
ISBN: 978-3-946990-74-1

Der Schädelbohrer von Fichtenwald (ist) ein großartiges Buch, dessen Ernsthaftigkeit ebenso messerscharf wie humorvoll ist, und das eine umwerfende Sprachbeherrschung und eine fast untrügliche Vorstellungskraft aufweist.
Vrij Nederland

Ferron weiß, dass sich hinter dem Schein Dinge verbergen, die zu schrecklich und entsetzlich sind, als dass man sie in Worte fassen könnte, aber im Schauder findet er auch das Erhabene.
- Jury Constantijn Huygens-Preis 2001

Dass das Werk eines der bedeutendsten niederländischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts noch nie ins Deutsche übersetzt wurde, hat mit der Radikalität seiner Deutschlandromane zu tun. Sein wichtigster, der Holocaust-Roman Der Schädelbohrer von Fichtenwald, erzählt nicht nur aus der Täterperspektive über die Gräueltaten in den Konzentrationslagern, sondern verzerrt die Wirklichkeit zu einer grotesken Revue, die sich wie ein umgekehrter Schöpfungsakt liest. Eine mitunter verstörende Leseerfahrung von großer Dringlichkeit.

Im Mittelpunkt des 1976 verfassten Romans steht Friedolien, ein buckliger, unzuverlässiger Erzähler, Barpianist und SS-Scherge, der nach Anerkennung und Wertschätzung der „neuen Herrenmenschen-Elite“ strebt, aber ständig von ihr gedemütigt wird. Ort der Handlung ist das fiktive Konzentrationslager Fichtenwald, das mit seinen Baracken, Wachttürmen und Stacheldraht unschwer als solches erkennbar ist, bei Fridolien aber als Sanatorium daherkommt, wo Patienten in einer „Atmosphäre geschützter Abgeschlossenheit“ ihrer baldigen Genesung entgegensehen. Aber auch sein kranker Geist kommt irgendwann zu der Erkenntnis: „Die einzige menschliche Emotion, die bleibt, ist der Hass, und mit diesem Hass haben wir unter anderem Fichtenwald aufgebaut.“ Wie eingehend Ferron mit der Geschichte des „Dritten Reiches“ vertraut war und wie genau er einige Protagonisten seiner im wahrsten Sinne des Wortes irren Geschichte nach der unheilvollen Wirklichkeit gezeichnet hat, erhellt das Nachwort von Jan Konst, dem besten Kenner von Ferrons Werk. 

 

Louis Ferron (1942-2005) war der uneheliche Sohn einer niederländischen Mutter und eines deutschen Wehrmachtssoldaten, der im Krieg ums Leben kam. Zeitweise lebte er als Pflegekind bei der Ehefrau seines Vaters in Deutschland. Nach der Befreiung kehrte er in die Niederlande zurück, wo er von seinen Großeltern mütterlicherseits aufgenommen wurde. Die Auseinandersetzung mit seiner Herkunft und die Faszination für die dunklen Seiten der deutschen Geschichte prägten sein literarisches Schaffen. Ferron war Lyriker, Dramatiker und Prosaist. 1974 debütierte er als Romanautor. Der Schädelbohrer von Fichtenwald erschien 1976. Für seine literarischen Arbeiten erhielt Louis Ferron zahlreiche Auszeichungen, u.a. den Constantijn-Huygens-Preis für sein Gesamtwerk (2001).