Anacharsis Cloots:
REDEN AUS DER REVOLUTION 1790-1793.

Übersetzt und bevorwortet von Tobias Roth

10×16 cm, gebunden, 
mit Kopffarbschnitt und Prägung
208 Seiten

15,— € (D), 15,40 € (A)
ISBN: 978-3-946990-79-6

 

 

 

 

Der Extremist der Menschenrechte

 

Kein anderer vor ihm hat die globale Bedeutung der 1789 erklärten Menschen- und Bürgerrechte, „dieses einfachen und erhabenen Monu­ments, in dem der Keim für die Freiheit der Welt ruht“, so bedingungslos und kompromisslos, ja zunehmend radikal vertreten wie er: Anacharsis Cloots (1755-1794). Unermüdlich stritt er während der Französischen Revolution für eine friedliche und freie Weltrepublik für jeden – wirklich jeden, unabhängig von Nation, Religion, Hautfarbe, Herkunft oder Klasse. Er hat es nicht überlebt.

Bis heute erinnern im beschaulichen Kleve kein Denkmal, keine Gedenktafel an den Sohn der Stadt, der zu einer überwältigenden Stimme der Französischen Revolution wurde. Als Johann Baptist Hermann Maria Baron de Cloots 1755 in der Nähe von Kleve geboren, ist er der einzige Preuße, der im Verlauf der Revolution in die Convention Nationale gewählt wird. Dennoch ist er im deutschsprachigen Raum weitgehend unbekannt, seine Werke, sämtlich auf Französisch verfasst, waren bisher nicht in deutschen Übersetzungen zugänglich.

Zentrales Thema von Cloots sind die 1789 erklärten Menschen- und Bürgerrechte. Sie bilden den unverhandelbaren Kern seines Denkens. Cloots versteht sie in einer ungewöhnlich nachdrücklichen und universalen Weise: Allen Menschen aller Länder stehen sie zu, in ihnen finden alle Menschen als Individuen einen gemeinsamen Boden. „Solange es irgendwo auf der Welt noch Sklaven und Tyrannen gibt, ist auch meine Freiheit beeinträchtigt und unvollständig“, so Cloots. Der einzige legitime Souverän ist für Cloots die Menschheit in ihrer grenzenlosen Gesamtheit.

Seine Reden vor der Assemblée nationale und der Convention Nationale, die in diesem Band in Auswahl versammelt sind, zeigen Cloots als politischen Denker, als brillanten Rhetor, als kompromisslosen Kämpfer für die Menschenrechte. Der revolutionäre Schwung und die ungestüme Begeisterung, mit der Cloots die Grundrechte feiert, sind ein Lese- und Denkerlebnis. Die allgemeinen und unantastbaren Menschenrechte, deren süßeste Früchte wir als alltägliche Normalität erleben, zeigen sich so in ihrer ganzen Tragweite, Intensität und ursprünglichen Wehrhaftigkeit.

 

Kein einziger Artikel der Erklärung der Menschenrechte bezieht sich ausschließlich auf Frankreich. Ewige Prinzipien messen sich nicht an flüchtigen Namen, an flüchtigen Ortsbezeichnungen, an blutrünstigen Rivalitäten. Die Franzosen, die Engländer, die Deutschen und alle anderen Teile der souveränen Menschheit werden ihre gotischen Namensschilder verlieren.
- Anacharsis Cloots, Rede in der Assemblée nationale, 9. September 1792

 



Anacharsis Cloots (1755-1794) stammte aus holländisch-preußischem Adel. Er besuchte erstklassige Schulen in Brüssel, Mons und Paris sowie die Berliner Militärakademie, und siedelte Mitte der 70er-Jahre, nach dem Tod seines Vaters, nach Paris über. Dort kam er in Kontakt mit den Zirkeln der Aufklärung, machte Bekanntschaft mit Rousseau, Voltaire und Benjamin Franklin, und tat sich als religionskritischer Autor hervor. Nach 1789 nahm er als nimmermüder Redner und Publizist am revolutionären Geschehen teil. Bei den ersten Wahlen zur Convention nationale 1792 erhielt Cloots das Mandat von nicht weniger als sieben Départements gleichzeitig. Als „Ausländer“, Internationalist und Atheist war er der perfekte Feind für Robespierre und wurde Ende 1793 inhaftiert, Anfang 1794 guillotiniert.