Gefragt, welche Frau sie gerne auf einer kanadischen Banknote sehen würde, antwortete Margaret Atwood: Emily Carr.
In ihrer kanadischen Heimat wird Emily Carr verehrt: als Künstlerin, als Schriftstellerin, als Umweltschützerin der ersten Stunde und als Aktivistin, die früh den Reichtum und die Vielfalt der indigenen Kultur in Kanada erkannte. Der titelgebende Name Klee Wyck bedeutet in der Sprache der Ureinwohner der kanadischen Nordwestküste »Die, die lacht«. Ein Ehrentitel, den sie der unerschrockenen jungen Frau verliehen, die sie über Jahre hinweg begleitete und an ihrem Leben teilnahm.
Klee Wyck ist eine Sammlung von 21 literarischen Skizzen, die mit beeindruckender Detailgenauigkeit das Leben der Ureinwohner beschreiben. Das Buch wurde 1941 veröffentlicht und zu einem viel beachteten Bestseller. Nun erscheint es erstmals auf Deutsch. Carrs klare und poetische Prosa beschwört Totems, verlassene Dörfer, die beeindruckende Schönheit derursprünglichen Landschaft und den Alltag der dort lebenden Menschen. Dabei verfällt sie nie in nostalgische Sentimentalität oder Romantik. Die Klarheit ihrer Sprache verrät den geschulten Blick der Malerin.
Die 21 versammelten literarischen Skizzen sind herzzerreißend. Aber man denke nun nicht, dass Emily Carr der Leserin die Ohren volljammert.
Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau
Tatsächlich beschreibt Emily Carr die indigenen Menschen in ihrem Sosein, ohne Wertung und auf Augenhöhe.
Eva Pfister, Deutschlandfunk
Emily Carrs Indianerwelt ist keine der Jagd und der großen Reitkünste, des Kampfes großer Krieger. Es ist eine Welt der Kanus, des Regens und der Auflösung. Es ist eine Welt, die kein Mann jemals so zu Gesicht bekommen, geschweige denn beschrieben hat.
Tobias Lehmkuhl, Süddeutsche Zeitung
In diesen Geschichten manifestieren sich Menschenfreundlichkeit und eine tiefe Zuneigung zu den First Nations, ohne diese jedoch zu glorifizieren oder exotisch zu verklären.
Frank Schäfer, Neues Deutschland
Gerade ihre Lakonie macht Carrs literarische Reportagen sehr zeitlos und verleiht der in ihnen geschilderten Realität große, eindrucksvolle Unmittelbarkeit.
Katharina Granzin, taz
Carr, die eigentlich als Malerin bekannt wurde, ist in der Ausstellung der Schirn eine eigene Abteilung gewidmet, die ihr literarisches Schaffen spiegelt. Ihre Bilder aus Siedlungen wie Blunden Harbour in British Columbia, gemalt um 1930, zeigen mit wuchtigen Linien dargestellte Holzskulpturen der First Nations vor leergefegten Hintergründen, in denen die kantigen Formen der Gesichter dem Untergang dieser Welt zu trotzen scheinen. Denn dass sie eine bis ins Mark erschütterte und bedrohte Gemeinschaft besuchte, wusste Carr natürlich.
Tilman Spreckelsen, FAZ
Emily Carr (1871 – 1945) wurde in Victoria, British Columbia, geboren. Sie studierte Kunst in San Francisco und London und wurde bei einem längeren Paris-Aufenthalt vom Impressionismus inspiriert. Ihr literarisches und malerisches Schaffen dokumentiert vor allem das Leben und die Kultur der Ureinwohner der pazifischen Nordwestküste. Sie gilt heute als eine der bedeutendsten kanadischen Künstlerinnen ihrer Zeit. Diese Anerkennung wurde ihr erst spät zuteil, obwohl ihrem Werk bereits zu Lebzeiten in Vancouver große Einzelausstellungen gewidmet wurden. Klee Wyck wurde 1941 mit dem Governor General‘s Award ausgezeichnet.